Wir haben am Freitag in der Arte Mediathek einen tollen Film über Michelangelo entdeckt. Er ist sehr altmodisch lang, nämlich
128! Minuten, und noch bis 17.06. anzuschauen
Wir finden ihn ganz toll, mal was ganz anderes, und lebt vor allem auch durch seine starken Bilder, wie es sich für einen Film über einen genialen Bildhauer, Architekten und Maler auch gehört. Auch ein Sittengemälde über die Verhältnisse zu Zeiten der Hochrenaissance.
Eher weniger Dialoge, aber den Bildern der berühmten Maler jener Zeit genial nachempfunden.
Zitat
ZitatMichelangelo
Der Film zeigt Michelangelo in seinen späten Jahren. Das Genie ist ein Egomane und Kontrollfreak, der seinem Ziel, Skulpturen für die Ewigkeit zu schaffen, alles unterordnet, auch die eigene Person, und daran zu zerbrechen droht. Gleichzeitig steht er zwischen den zwei rivalisierenden Familien der Medici und der Della Rovere… Ein meisterhaftes fiktionales Porträt (2019).
Er ist wahrscheinlich der größte Bildhauer der Welt, und er weiß das auch, und es ist dieser Stolz, der ihm vorgeworfen wird. Während der Renaissance im frühen 16. Jahrhundert, einer brodelnden Zeit, verkehrt Michelangelo Buonarroti mit den Herrschern seiner Zeit. Als sein Auftraggeber Papst Julius II. stirbt, Oberhaupt der mächtigen Familie Della Rovere, ist Michelangelo von der Idee besessen, den besten Marmor für die Fertigstellung seines Grabmals zu finden. Doch dessen Nachfolger Papst Leon X. aus der Familie der Medici, den Rivalen der Della Rovere, beauftragt ihn, sich an die Arbeit an der Fassade der Basilica di San Lorenzo in Florenz zu machen. Michelangelo ist ein einsamer Narr, desillusionierter Trinker und gebildeter Ästhet. Er ist besessen von Dantes Werk, rezitiert auswendig Auszüge aus dem „Inferno“ und ertappt sich manchmal bei visuellen Halluzinationen, in denen er dem Teufel begegnet. Ebenso Kind wie Erwachsener, staunt er über das Material der Leinwand und des Marmors. Michelangelo wird von seiner eigenen Familie beraubt, während sein unersättlicher Wunsch nach Skulpturen ihn dazu zwingt, immer mehr Geld auszugeben. So liefert er sich trotz oder wegen seiner selbst den Händen der Politiker aus, die um seine Loyalität buhlen …
In einer ebenso schlichten wie komplexen Sprache beschreibt Andrej Kontschalowski die Qualen eines gewaltigen Künstlers, der zwischen seiner Leidenschaft für Dante, dem eigenen Schaffen, der Geldnot und den politischen Mächten hin- und hergerissen ist.
Ich sehe gerade so einen Film gerade auch mit den Augen der Malerin. Und so regt mich natürlich nicht nur die gnadenlose Ausbeutung des Genies Michelangelo durch die Kirche und die Patrizier Medici, Rovere & Co. auf, und nicht zuletzt auch durch die eigene Familie, sondern mich fasziniert auch, wie der Film die Bildsprache der Hochrenaissance aufgreift, die Farben und Kompostionen, Licht und Schatten der Bilder, von Michelangelo, Raffael und sogar, so scheint mir, Caravaggio, der eigentlich erst nach Michelangelo kommt.
Tja, und nach dem Film denke ich wieder einmal mit leichtem Schaudern an unsere gegenwärtige Kunst und an so Sachen wie "The Balloon Dog" von Jeff Koons, und an anderes auch. Ob über diese Werke in auch nur hundert Jahren noch jemand spricht? Und wenn ja, als Beispiel wofür?